Das romantische Essen


Schatz, als Dankeschön für dein tolles Geburtstagsgeschenk, würde ich dich gerne zum Essen einladen. Ganz romantisch!

Oh... na das ist doch mal eine tolle Idee! Der Mann hat sich Gedanken gemacht, er zeigt seine romantische Seite, man verbringt als Paar ganz bewusst Zeit miteinander, prima!

Also geht es auf zum Restaurant. Der Mann lässt die Frau wählen, wo sie sitzen will, spricht sich aber zeitgleich für einen Tisch aus, von dem aus man alles gut beobachten kann. Schon hier müsste die Frau stutzig werden, dachte sie doch, dass es nur um sie und ihn ginge. Hat man sich für einen Tisch entschieden, so muss die Frage geklärt werden, wer wo sitzt. Wer sitzt an der Wand, wer im Raum, wer schaut Richtung Fenster, wer Richtung Eingangstür... Strategie ist gefragt! Und auch hier stutzt die Frau, denn sollte der Mann bei einem romantischen Essen nicht nur Augen für sie haben, so dass das einzige Kriterium "gegenüber der Frau" sein sollte?

Man sitzt, schaut in die Karte und bestellt erstmal ein Glas Sekt. Es soll schließlich ein romantischer Abend zu zweit werden. Dabei schaut man sich doch tatsächlich in die Augen. Ooooooh jaaaaaa. Man sagt "Prost, auf einen schönen Abend" und dann....

DANN wird das Reden eingestellt. Zunächst ist es natürlich wichtiger, nochmals genau die Karte zu studieren, als eine Unterhaltung zu starten, dann ist es wichtiger, dem Gespräch am Nachbartisch zu lauschen, als ein eigenes Gespräch in Gang zu bringen, dann kommt das Essen - es versteht sich von selbst, dass man während dem Essen nicht redet - und dann, nach dem Essen, hat man endlich Zeit, sich gemütlich zurückzulehnen und seine Umwelt zu beobachten, jeden Menschen in Augenschein zu nehmen, der am Fenster vorbeiflaniert, jedem Auto nachzuschauen, das sich den Weg durch die Straße kämpft und natürlich - ganz wichtig - immer schön den Bedienungen nachzuschauen, damit man am Ende auch ja weiß, welcher Gast, welches Essen bestellt hat.

Was macht die Frau in dieser Zeit? Ganz klar, Frust-Fressen! Wollte man sich das Brot zu Beginn eigentlich sparen, so schmiert man sich jetzt den kompletten Aufstrich auf alle vorhandenen Scheiben, um ja immer etwas im Mund zu haben und einen geschäftigen Eindruck zu machen. Zwischendruch ext man seinen Sekt und bestellt gleich den nächsten. Mit Alkohol erträgt man bekanntlich immer alles leichter. Man fängt im Kopf an, sein Lieblingslied vorwärts und rückwärts zu singen, fährt sich zwischendurch mal aufreizend durchs Haar und bekommt einen Hustenanfall, um die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu lenken, was irgendwie nicht so recht gelingen mag. Aus lauter Verzweiflung bestellt Frau noch einen Nachtisch. Mund voll ist immer gut, so konzentriert sich das Gehirn wenigstens auf das Kauen und fragt sich nicht andauernd, was an diesem Essen romantisch sein soll.

Am Ende wird bezahlt, man verlässt das Restaurant. Der Mann ergreift die Hand seiner Frau (Achtung! Romantik!) , dreht sich zu ihr um und sagt "ach, das war aber mal ein schöner Abend. Wie hat es dir eigentlich geschmeckt?"